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    Widerruf des Lebensversicherungsvertrags vor oder nach Kündigung (fiala.de)


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    Info Widerruf des Lebensversicherungsvertrags vor oder nach Kündigung (fiala.de)

    Beitrag von lupa 02/03/16, 11:11 am


    Dr. Johannes Fiala / Dipl.-Math. Peter A. Schramm
    München im Februar 2016


    Widerruf des Lebensversicherungsvertrags vor oder nach Kündigung oder Vertragsablauf *


    - Weshalb sich der Widerspruch auch ohne Rechtsschutzversicherung lohnen kann -



    Versicherungsgesellschaften haben ihren Kunden vor Vertragsabschluss gemäß § 7 Absatz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG 2008) die „Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die in einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Informationen in Textform mitzuteilen“.
    Dies galt bereits gemäß § 5a VVG (a.F.) bei Lebensversicherungen, die vor dem 01.01.2008 abgeschlossen wurden. Nur bei letzteren war das Widerrufsrecht gemäß § 10a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) lediglich für juristische Personen nicht vorgesehen.
    Die dort enthaltene Begrenzung des Widerrufsrechts auf ein Jahr bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung ist für Lebensversicherungen europarechtswidrig. Angesichts nur niedriger Rückkaufswerte bei Fällen der Kündigung einer Lebens- oder Rentenversicherung erhalten Versicherungsnehmer (VN) regelmäßig auch jetzt noch wenig vom Versicherer, so dass die Regelung zu den Widerrufsfolgen in § 9 VVG für seit 01.01.2008 abgeschlossene Lebensversicherungsverträge ebenso europarechtswidrig sein könnte. Denn der VN bekommt bei Widerruf nach einem Jahr nicht mehr, als ihm in Form des Rückkaufswertes ohnehin bei Kündigung zusteht.


    Beweislast für Widerrufsbelehrung beim Finanzhaus
    Die Beweislast für die Mitteilung, deren Vollständigkeit und richtige Gestaltung (optisch und textlich) liegt regelmäßig beim Versicherer. Wenn ein Gericht zutreffend feststellt, dass für den Zugang der Vollbeweis zu erbringen sei, so heißt das aber nur, dass es keine Beweiserleichterungen gibt, also z.B. bestimmte Zugangsvermutungen. Der Vollbeweis ist hier regelmäßig durch Indizien zu erbringen, zur richterlichen Überzeugung, § 286 Zivilprozeßordnung (ZPO). Es wird auch beim "Vollbeweis" keine 100%ige völlig zweifelsfreie Sicherheit verlangt. "Der Zugang ist zu beweisen" stellt also an den Versicherer keine unmöglich erfüllbaren Ansprüche. In Allgemeinen Geschäfts- und Versicherungsbedingungen läßt sich die Beweislast jedoch nicht zum Nachteil des Kunden abändern, § 309 Nr.12 BGB.


    Es kommt vor, daß die Widerrufsbelehrung, die erteilt worden sein sollte, reproduziert wurde. Es fiel dann dem VN auf, dass zu dem Datum der vorgelegten Widerrufsbelehrung das Unternehmen im Kopf noch gar nicht existiert hatte.


    Diese Daten wurden nicht gespeichert; allenfalls der Termin, zu dem eine Widerrufsbelehrung erstellt wurde. Diese ist dann zentral gespeichert, und man weis, welche es zu dem Termin ist. So wird es dann ggf. reproduziert. Die Texte der Widerrufsbelehrung sind historisiert, ggf. noch mit einer Versions-Nummer. Ebenso ggf. die Vorstandsleiste, weil diese doch öfters wechseln. Im Massengeschäft weis der Versicherer, dass er bei allen Kunden zu einem Zeitpunkt die gleichen Texte und gleichen Verfahren angewandt hat. Aber leider reicht die Technik nicht, auch noch das betreffende Unternehmen mit seinem jeweiligen Namen zu historisieren.


    Eine Reproduktion besagt also eigentlich nur: Der Kunde hat dies bekommen, weil zu dieser Zeit alle Kunden dies bekommen haben (sollten). Man reproduziert dann das Schriftstück, so wie es nach den vorhandenen Daten ausgesehen haben müsste, in der festen Überzeugung, dass es mit tatsächlichen in Form und Inhalt übereinstimmt. Gerichte befassen sich damit kaum, sondern glauben dem reproduzierten Augenschein. Peinlich, wenn dann auffällt, dass es so auf keinen Fall ausgesehen haben kann. Das ist ungefähr so, wie wenn Sie ein Originalgemälde von 1815 vom Einmarsch Blüchers und Wellingtons in Paris verkaufen wollen, auf dem korrekt der Arc de Triomphe, aber leider im Hintergrund auch (bereits) der Eifelturm zu sehen ist.


    Auch für Scans von Originalen gilt: „Glaube keinem Scan, den Du nicht selbst gefälscht hast“ (Chaos Communication Congress – 31C3, vom 28.12.2014).


    Ewiges Gestaltungsrecht des Widerrufes zur Rückabwicklung
    Auch der Fall, daß der VN unvollständige Verbraucherinformationen (seit 2008 nur Verbraucher betreffend, gemäß InfoPflV ein Produktinformationsblatt) erhalten hat, erlaubt auch bei Fondspolicen einen (ewigen) Widerruf (BGH, Urteil 04.02.2015, Az. IV ZR 460/14) – zum Beispiel wenn – wie oft - die Rückkaufswerttabelle fehlt. Erst nach dem Widerruf bzw. Widerspruch läuft zum folgenden Jahreswechsel die Verjährungsfrist binnen dreier Jahre aus, §§ 195 ff. BGB (BGH, Urteil vom 08.04.2014, Az. IV ZR 103/15). Der Rechtsanspruch auf Rückabwicklung (§ 812 I 1 Alt.1 BGB) entsteht erst durch den Widerruf.


    Dann bekommt der VN jedoch nicht alle bezahlten Prämien zurück, sondern muß sich den Wert des vom Versicherer (VR) tatsächlich getragenen Risikos anrechnen lassen (BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az. IV ZR 76/11) - vielleicht nicht mehr, als was es den Versicherer tatsächlich netto kostet. Dafür kann der VN – trotz Widerruf – auch vom VR bereits erbrachte Leistungen ohne Abzug bzw. Anrechnung behalten (BGH, Urteil vom 17.06.2015, Az. IV ZR 170/14), oder auch nach dem Widerspruch einen neuen Schadensfall z.B. in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung melden und die Regulierung vom VR einfordern.


    Bis zu mehr als doppelte Leistung des Versicherers nach Widerruf?
    Dabei hat der Versicherer auch die tatsächlichen (Kapital)nutzungen zu den bezahlten Prämien herauszugeben, so daß meist der Widerspruch gerade auch nach Kündigung oder Vertragsablauf noch wirtschaftlich vorteilhaft und rechtlich möglich ist, § 818 III BGB (BGH, Urteil vom 11.11.2015, Az. IV ZR 513/14). Dem sehr späten Widerruf wird die Versicherung kaum eine sogenannte Verwirkung entgegenhalten können (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 2004.2015, Az. 6 O 9499/14; OLG Hamburg, Urteil vom 26.02.2014, Az. 13 U 71/13; BGH Revisionsrücknahme, Az. XI ZR 154/14; a.A. OLG Köln, Urteil vom 25.01.2012, Az. 13 U 30/11). Nur auf die EU-Rechtswidrigkeit des Policenmodells (bis 31.12.2007) kann man sich wegen eines Widerrufs nicht berufen, wenn man im Übrigen vollständig und zutreffend belehrt worden ist (BGH, Urteil vom 16.07.2014, Az. IV ZR 73/13).


    Mancher Versicherer hat eine Eigenkapitalrendite von mehr als 30% p.a. . Bestimmte Prämienteile sind nur niedriger verzinslich als Kapitalanlagen angelegt mit wechselnder jährlicher Nettoverzinsung, andere vielleicht als Fonds, wieder andere erzielen gar keine Nutzungen. Doch die Beweislast liegt beim Versicherungskunden, so daß es ein schöner Traum ist zu glauben, dies könne ohne Begleitung eines versicherungsmathematischen Sachverständigen bzw. Privatgutachters anwaltlich umgesetzt werden. Auch von daher wird eine Rechtsschutzversicherung niemals die kompletten Kosten der rechtlichen Durchsetzung der Rückabwicklung tragen. Die RSV ist eben keine „All-Risk-Deckung“.


    Bundesgerichtshof (BGH) zur Berechnung der Rückabwicklung nach Widerruf
    Der BGH hat einige Grundsätze „zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen nach Widerspruch“ (BGH, Urteil vom 29.07.2015, Az. IV ZR 384/14) aufgestellt. So muß sich der VN die einbehaltene Kapitalertragsteuer nebst Soli anrechnen lassen (BGH, Urteil vom 29.07.2015, Az. IV ZR 448/14). Gewinne aus Fondsanlagen darf der VN als Nutzungen herausfordern, muss aber auch Verluste der Fonds gegenüber dem angelegten Sparkapital tragen, womöglich aber nur in engen Grenzen von vielleicht 10 % (BGH, Urteil vom 11.11.2015, Az. IV ZR 513/14).
    Zu denken ist an die Frage, ob der VR auch Sicherheitsmargen in Risikobeiträgen behalten darf. Ohne Versicherungsmathematiker lassen sich nicht die Anteile des Beitrags berechnen, die für das tatsächliche Risiko oder die an den Vermittler geflossenen Provisionen benötigt und daher nicht verzinst werden. Anders die übrigen Abschlusskosten, die vollen Verwaltungskosten (inklusive Ratenzuschlägen) und die nicht benötigten Risikokosten. Diese werden nicht als Sparanteile im Deckungskapital abgelegt und mit der Nettoverzinsung der Kapitalanlagen verzinst sind, sondern bleiben im eigenen Kapital des Versicherers oder werden dort erspart. Es könnte daher nahe liegen, sie mit der Eigenkapitalrendite je Jahr des Versicherers nach Geschäftsbericht als Nutzungen zu verzinsen.



    Würde man stattdessen 5 % über Basiszinssatz ansetzen, kommt es zur Beanstandung durch den BGH als zu pauschal. Dieser Ansatz resultiert aus der Bankenrechtsprechung bei Rückabwicklung und stellt dort eine Annahme dar, die die Gerichte akzeptieren, als pauschaler Ansatz für die Eigenkapitalrendite, die eine Bank auf jeden Fall erwirtschaftet. Bei Versicherern wird dies seit vielen Jahren gerichtlich so nicht anerkannt.

    Die Eigenkapitalrenditen betragen von ca. minus 60 % in Einzeljahren bis zu ca. plus 40 %, bei manchen Versicherern zuletzt auch nur um die 2 %, bei anderen wie Allianz regelmäßig bis zu mehr als 30 % im Jahr. Wenn nur 10 % der Beiträge von z.B. 10.000 EUR, also 1.000 EUR, bei einem 1998 bis 2002 bezahlten Vertrag ins Eigenkapital gingen, so werden daraus bis zum Widerruf in 2015 bei 20 % Eigenkapitalrendite rund das 15fache, also 15.000 EUR, also herauszugebende Nutzungen von 14.000 EUR alleine aus dem Eigenkapital. Dies ist bei manchen Versicherern ein gewaltiger Hebel.

    Der BGH sagt auch, dass der Kläger zumindest darlegungsbelastet für die gezogenen Nutzungen ist, die sich auf die konkreten Verhältnisse beim Versicherer beziehen müssen. Das ist ohne Sachverständigengutachten natürlich gar nicht zu schaffen. Auch muss man wissen, wo man die Daten für alle Versicherer seit 1995 herbekommt. Wer als Aktuar seit Langem Lebensversicherungen nachrechnet und dafür die kompletten Geschäftsberichte samt jährlichen Überschussdeklarationen brauchte und gesammelt hat, ist im Vorteil.


    Keinesfalls ist jetzt schon alles durch den BGH geklärt. Bis dahin wird oft unnötig auf viel Geld verzichtet, wenn die Berechnungen nicht die Möglichkeiten ausschöpfen. Ohne Aussicht auf Vorleistung einer RSV bleibt die mögliche Aussicht auf Erstattung von Sachverständigenkosten nach Abschluß gerichtlicher Auseinandersetzung. Einige erfahrene Dienstleister übernehmen diese und gerichtliche Kosten gegen angemessene Gewinnbeteiligung.


    Eine noch höhere Erstattung (z.B. kompletter Risikokosten) ist bei von Anfang an (und nicht erst durch Widerruf) nichtigen Versicherungsverträgen zu erwarten. Etwa wenn es der VR versäumt hat, bei minderjährigen Kindern die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts einzuholen, oder aber wenn die Versicherte Person dem Vertrag nicht zugestimmt hatte, oder ein Einwilligungsvorbehalt vom Betreuungsgericht angeordnet worden war und daher keine Erfüllung bei Ein- oder Rückzahlung eintreten konnte, § 362 BGB (BGH, Urteil vom 21.04.2015, Az. XI ZR 234/14).


    Rückabwicklung auch des Darlehens bei kreditfinanzierter Lebensversicherung

    Beim sogenannten Hebelgeschäft haben die Kapitalanleger ein (nur vermeintlich) günstiges Darlehen (oftmals in Fremdwährungen wie CHF oder YEN) aufgenommen, um damit die Einzahlung in einer (des Öfteren britische oder liechtensteinische) Lebensversicherung zu finanzieren. Bei derartigen kreditfinanzierten Rentenversicherungen oder Kapitallebensversicherungen handelt es sich um ein sogenanntes verbundenes Geschäft, womit auch die Rückabwicklung des Kreditvertrages in Frage kommt. Vielfach laufen die Versicherungsverträge dann länger als die Lebenserwartung reicht (Methusalempolicen), was allenfalls zur Vervielfachung der Provision dienen mag.
    Anders liegt der Fall, sofern das Darlehen für andere Zwecke verwendet wurde, mithin „wenn die Versicherungsprämie nicht in Form einer Einmalzahlung zu entrichten ist, die ganz oder teilweise durch das Darlehen finanziert wird. In diesem Fall kommt auch keine analoge Anwendung von § 358 BGB in Betracht.“ (BGH, Urteil vom 05.05.2015, Az. XI ZR 406/13).


    Widerruf von Kreditverträgen und Darlehen
    Jedoch können auch die Widerrufsbelehrungen der Kreditinstitute beim Darlehensvertrag völlig fehlen, oder fehlerhaft gestaltet sein. Dabei kommt es auf jedes Wort an: Beispielsweise darf die Widerrufsfrist nicht „frühestens mit Erhalt der Belehrung“ beginnen (LG Karlsruhe, Urteil vom 11.04.2014, Az. 4 O 395/13). Das Leben beginnt auch frühestens mit der Geburt – oder fängt erst mit 66 an. Leichte Ungenauigkeiten in der Angabe des Fristbeginns genügen für die Fehlerhaftigkeit der Belehrung (BGH, Urteil vom 10.03.2009, Az. XI ZR 33/08; BGH, Beschluß vom 15.02.2011, Az. XI ZR 148/10).


    Für den Kreditnehmer bedeutet dies die Chance, nach einem Widerruf das Darlehen jederzeit ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurück bezahlen zu können (BGH, Urteile vom 10.03.2009, Az.: XI ZR 33/08; 01.12.2010, Az.: VIII ZR 82/10; 28.06.2011, Az.: XI ZR 349/10; und 18.03.2014 Az.: II ZR 109/13). Geschuldet wird der Bank dann die „marktübliche“ Verzinsung für die Kapitalnutzung; dies gilt auch bei einem Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz, etwa wegen einer Vertragsanbahnung am Arbeitsplatz (OLG Dresden, Urteil vom 15.11.2002, Az. 8 U 2987/01).


    Eine beabsichtigte Umschuldung zur Zinsersparnis sollte jedoch rechtlich und wirtschaftlich vor dem Widerruf geplant und vorbereitet sein. Manche Bank soll ihrem Kunden aufgrund des Widerrufes erst mal eine schlechte Bonität bei Auskunfteien verpaßt haben, um die Umschuldung zu verhindern oder für den Kunden zu verteuern. Dabei lohnt sich häufig auch die Einschaltung eines Kontenprüfers, um fehlerhafte Zinsabrechnungen bei Darlehen und Kontoüberziehungen zu erkennen, denn manche Banksoftware weist einen Zinssatz auf dem Kontoauszug aus, mit dem aber tatsächlich bei der Zinsberechnung gar nicht gerechnet wird.


    Das Widerrufsrecht bei Verbraucherkrediten steht auch Selbständigen als Kreditnehmern zu, die als natürliche Personen einen Kredit mit privater oder gar keiner Spezifizierung des Verwendungszwecks von ihrer Bank erhalten hatten (EuGH, Urteil vom 03.09.2015, Az. C-110/14).


    Der strategische Ablauf beim Widerruf entscheidet über seinen Erfolg

    Kürzlich hat der VN zunächst dem Versicherer nach mehreren Jahren mitgeteilt, dass er niemals einen Versicherungsschein erhalten habe, und um Zusendung selbigen gebeten, damit für die Zukunft seine Versicherungsunterlagen vollständig sind, mit der Zusatzfrage, ob sich feststellen ließe, wann dieser versandt wurde, weil er dann ja offenbar auf dem Postweg verloren gegangen sein muss. Der VR teilte dann mit, dass dies schon mal vorkommen könne, entschuldigte sich und schickte den Versicherungsschein mit allen Unterlagen. Dann widerrief der Kunde sogleich.

    Dies vermeidet, bei einer Klage wegen Widerruf später "aus Versehen" Unterlagen vorzulegen, bei denen es beweisbar ist, dass auch die Unterlagen, deren Zugang bestritten wird, vorgelegen haben müssen. Denn damit stünde der Verdacht strafbarer Täuschung des VR im Raume. Sorgfältige Anwälte prüfen deshalb die Unterlagen des Kunden genau, denn dieser kann oft gar nicht erkennen, was er genau erhalten hat – sie verwechseln auch mal gerne bunte Werbeflyer mit Versicherungsbedingungen.

    Versicherer reagieren auf den Widerruf in der Weise, dass sie daraus eine Kündigung und Rückkauf machen, und verlangen nach dem Gesetz die Zusendung des Versicherungsscheins. Besser ist dann, eine "Verlusterklärung" abzugeben, aber nicht so, dass man bestätigt, ihn einmal gehabt zu haben.

    Oder die VR akzeptieren den Widerruf und zahlen etwas aus, was ggf. noch unter dem nicht genannten Rückkaufswert liegt. Danach weigern sie sich, dem Kunden auch nur noch irgendetwas an Information zu überlassen. Dann hat der VN es schwer, gutachterlich eine höhere Forderung zu stellen, weil der Gutachter ja Unterlagen braucht, oder sich mit aufwendiger Nachvollziehung der Berechnungen helfen muss.


    Sinnvoll ist, vor dem Widerruf einer fondsgebunden Versicherung nach dem aktuellen Fondsguthaben zu fragen. Ein versicherungsmathematischer Sachverständiger kann dieses sonst auch aus veröffentlichten Fondsdaten und dem Vertragsverlauf berechnen, wenn der angesichts bis zu fünf unterschiedlichen angelegten Fonds erhebliche Aufwand dafür bezahlt wird.


    Mancher Versicherer wird den Widerruf erst mal pauschal mit Textbausteinen ablehnen und im zweiten Anlauf bei einem Rest an Kunden schlicht anerkennen und dem VN nicht selten weniger als den Rückkaufswert ausbezahlen, mit einer Berechnung, die der VN hoffentlich glaubt, und dann als VR auf nichts mehr reagieren, weil ja keine Kundenbeziehung mehr besteht und (angeblich, wegen dem Widerspruch) nie bestand. Hier ist es geschickter den Ablauf vorab genau zu durchdenken.


    Manche Versicherer akzeptieren auch den Widerruf und zahlen erst einmal auf unbestimmte Zeit gar nichts aus, weil sie auch Monate später noch nicht wissen, wie sie einen Widerruf berechnen könnten. Hier hilft ggf. nur eine Klage mit Hilfe eines eigenen versicherungsmathematischen Sachverständigengutachtens.


    Versicherungsfall in der Rechtsschutzversicherung (RSV)

    Entscheidend ist, was der Versicherte durch seine Schadensmeldung der RSV mitteilt: Dabei „ist für die Festlegung der den Versicherungsfall kennzeichnenden Pflichtverletzung allein der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der VN den Verstoß seines Anspruchsgegners begründet.“ (BGH, Urteil vom 25.02.2015, Az. IV ZR 214/14).


    Wird die Rückabwicklung und Neuberechnung beispielsweise von einem Lebensversicherer verweigert, so „liegt dessen maßgeblicher Verstoß im Sinne von § 4 (1) Satz 1 Buchst. c) ARB 2004 in der Weigerung, das Widerspruchsrecht anzuerkennen, und nicht in der behaupteten mangelnden Information bei Vertragsschluss.“ (BGH, Urteil vom 24.04.2013, Az. IV ZR 23/12). Entscheidend ist demnach daß heute eine RSV besteht, bevor der Widerruf eines Kreditvertrages oder einer Versicherung ins Auge gefaßt wird. Einige RSV-Anbieter haben die Deckung in Widerrufsfällen seit Mitte 2014 oder später jedoch in ihren Allgemeinen Rechtsschutz-Bedingungen ausgeschlossen.


    Regelmäßig kein Deckungsausschluß in den Allgemeinen Rechtsschutz-Bedingungen (ARB)
    Versicherungsbedingungen sind „so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an“ (BGH, Urteil vom 25.06.2003, Az. IV ZR 32/03). Seinerzeit hatte eine RSV rechtsirrig gemeint, daß der Ausschluß (in den ARB 75) „bei Planung, Finanzierung und Errichtung von (Neu-) Bauwerken“ auch die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds betrifft (BGH, Urteil vom 19.02.2003, Az. IV ZR 318/02). Auch mit einem Ausschluß von Beschlußanfechtungsklagen betreffend einen WEG-Eigentümer, braucht kein Verbraucher zu rechnen (AG Düsseldorf, Urteil vom 10.06.2015, Az. 23 C 17/15).


    Der BGH hielt auch die Effekten-Klausel für unwirksam: „Die Klausel in allgemeinen Bedingungen der Rechtsschutzversicherung "Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)" ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.“ Dabei hielt er zur Auslegung der ARB fest: „Fachbegriffe, die keine fest umrissenen Begriffe der Rechtssprache sind, scheiden als objektive Verständnisvorgabe für die Auslegung von Versicherungsbedingungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers aus.“, § 307 I 2 BGB (BGH, Urteil vom 08.05.2013, Az. IV ZR 84/12).


    RSV-Deckung bei konkurrierenden Rechtsansprüchen

    Selbst wenn ein bestimmter vertraglicher Anspruch in den ARB (94) nicht gedeckt wäre, liegt daneben häufig auch eine unerlaubte Handlung vor: „Der Ausschluß der Geltendmachung vertraglicher Schadenersatzansprüche erstreckt sich nicht auf die Geltendmachung damit konkurrierender deliktischer Schadenersatzansprüche.“ (LG Hannover, Urteil vom 16.10.1998, Az. 13 O 158/98). Dies gilt entsprechend bei den ARB-RU95 (AG Mönchengladbach, Urteil vom 17.02.2004, Az. 29 C 496/03).
    Gleichwohl läßt es mancher Sachbearbeiter der Schadensabteilung in der RSV darauf ankommen, ob der VN eine Kriegskasse besitzt, und die Deckung am Ende mit Erfolg einklagt, denn in den allermeisten Fällen wechseln die Versicherten dann lieber die RSV.


    Widerruf als Geschäftsmodell für Makler, Agenten und andere Initiatoren?
    Eine beliebte Methode von Vermittlern besteht darin, daß ein Steuerberater oder Anwalt eingeschaltet wird, um Gelder aus einem Widerruf oder dem Verkauf oder der Kündigung einer Lebensversicherung später für eine neue Kapitalanlage zu verwenden, also weiterzuleiten – am Kunden vorbei, verbunden mit der Zusage späterer (meist höherer) fester Rückzahlung. Dieser Service wird häufig als verbotenes Einlagengeschäft beurteilt, womit dann die eingeschalteten Kammerberufler dem VN für spätere Verluste haften, und das Geschäft nichtig ist; § 32 KWG, § 823 II BGB (BGH, Urteil vom 10.02.2015, Az. VI ZR 569/13).


    Eine weitere häufigere Variante ist, daß der Kunde seine Rechtsansprüche gegenüber dem Versicherer an einen Experten für Lebensversicherungen überträgt, manchmal noch eine Service-Gebühr als Kunde dort bezahlt, und sodann am Erlös prozentual beteiligt werden soll. Auch diese Verträge können durch ungeeignete Gestaltung null und nichtig sein, wenn bei ihrer Vorname keine Zulassung nach dem RDG als Inkassogesellschaft bestand. Unwirksam arbeiten auch immer wieder „Interessengemeinschaften“ bei gescheiterten geschlossenen Beteiligungen (häufig KG-Anteilen), wenn sich etwa Prospektfehler zeigen.


    Sinnvoller wäre es dann an einen nach Art der Prozeßfinanzierung arbeitenden Dienstleister zu denken, der für vielleicht rund 40% Erfolgsbeteiligung nach Fertigstellung eines Klageentwurfes die weiteren Kosten übernimmt. Bei erfahrenen Dienstleistern bleibt für den VN dennoch meist mehr übrig, als wenn er sich selbst mit dem Versicherer versucht auseinanderzusetzen.




    *von Dr. Johannes Fiala, RA (München), VB, RB, MBA (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (CIFE), Bankkaufmann (www.fiala.de)
    und
    Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachterde).




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    Im Sinne freier Netzgesellschaft (Professor Lawrence Lessing, Stanford Law School, www.lessing.org) unterfallen die Texte (auch auf der Internetseite www.fiala.de) den Regelungen der Non-Profit-Organisation "Creative Commons" (http://de.creativevommons.org).



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